Brusatti, Otto: Mozart auf der Reise nach Berlin
Beschreibung
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Otto Brusatti
Mozart auf der Reise nach Berlin
Novelle
160 S., geb. mit SchU
ISBN 978-3-89812-365-5
Mit unverwechselbarem Wiener Ton hat sich der ausgewiesene Musikkenner Brusatti in den 33-jährigen Mozart eingefühlt, in seine von Geldsorgen und Zweifeln getriebenen Gedanken.Zweieinhalb Jahre vor seinem Tod, im April 1789, begibt sich Mozart auf eine zweimonatige Reise, die ihn in Begleitung des Fürsten und Gönners Lichnowsky von Wien über Prag, Dresden und Leipzig nach Berlin und Potsdam führt. Die genaue Reiseroute ist der Forschung heute ebenso ein Rätsel wie der Anlass der Unternehmung, da die entscheidenden Briefe aus dieser Zeit verloren sind.
»Natürlich war es auch eine Flucht für ihn.« – Otto Brusatti schreibt anlässlich des 250. Geburtstags nicht nur über Mozart, er verwandelt sich ihn an. Mit unverwechselbarem Wiener Ton hat sich der ausgewiesene Musikkenner in den 33-Jährigen eingefühlt, in seine von Geldsorgen und Zweifeln getriebenen Gedanken, die aber ebenso um die Reiseziele, die Gesellschaft und die Frauen kreisen. Nicht nur um Constanze, die wieder schwanger ist und bald in Kur muss, auch um Josepha Duschek, die Prager Sängerin, die es ihm angetan hat. Der Leser erlebt den großen Komponisten als Menschen: in seinem Überschwang und seiner inneren Zerrüttetheit, im Grübeln, Briefe-Imaginieren und beim Komponieren.
Basierend auf den bekannten Fakten hat Brusatti in einem Wechsel aus erzählerischen Passagen, Dialogen und inneren Monologen ein schlüssiges, fantasievolles und lebendiges Bild von Mozart kreiert. Unsere Wahrnehmung von Mozart und seiner Zeit ist im Laufe der zwei Jahrhunderte angereichert worden mit Facetten, die Brusatti spielerisch eingesetzt. So ist Otto Brusattis Antwort auf das Mozartjahr auch eine Hommage an Mörike, Thomas Mann, Rilke und Joyce. AUTOR
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Otto Brusatti, geboren 1948, lebt in Wien. Studium der Musikwissenschaft, Geschichte und Philosophie. Zahlreiche Publikationen, Ausstellungen, Hörspiele und Filme, vorwiegend zu musikalischen Themen. Radiomoderator, Autor und Regisseur der 365-teiligen Radioproduktion von ard und drs 2 zum Mozartjahr.
LESEPROBE
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Die Kutsche hielt gerade vor St. Nikolai. Ein geschäftiger Tag, ein Freitag. Aber mehr noch. Leipzig hatte viel Armut. In Leipzig grassierte nach dem vergangenen Eiswinter die Arbeitslosigkeit. Bediente, Tagelöhner oder Träger reckten die Hände in den Fahrgastraum hinein. Sie griffen nach dem Mann, dem einzigen angekommenen Reisenden. Lärm überall. Angebote. Ein Schreien. Der Beifahrer vom Kutschbock wagte es nicht, die Reisetasche des Herrn Mozart hinunterzureichen. Er fürchtete wohl, in diesem Trubel rund um das Gefährt würde einer der Männer das braune Lederding ergreifen und damit weglaufen. Er kletterte lieber seitlich herunter, schob die Menge mit Kraft und schroff beiseite, riss den Verschlag auf und stellte den Treppenschemel davor aufs Pflaster. Mozart streckte nun seinerseits zuerst hübsch vorsichtig den Kopf hinaus, ließ hernach auch die Schultern folgen, verharrte dann so aber schüchtern, wurde schließlich denn doch von Zweien aus den um Verdienst Harrenden gepackt und wie ein Kind oder eine große Puppe einfach hingestellt. Nun ward er aber auch gleich umringt, so als stünde er in Asien im Kreis von den Hungernden. Man bedrängte ihn mit Bitten um kleine Verdingungen, Aufträge oder auch nur blankes Geld, das aber von allen Seiten. Der Herr käme doch aus einer der Residenzstädte, das wisse man schon genau, man kenne schließlich die einschlägigen Kutschenmodelle von dort. Aber, der Müsjöh benötige doch sicher einen Führer oder gar einen Cicerone, wenigstens aber einen Bewacher in dem immer gefährlicher werdenden Leipzig. Und so fort und so fort.