Erich Loest
Die Mäuse des Dr. Ley
Roman
Werkausgabe, Bd. 6
256 S., geb.
ISBN 978-3-86152-002-3
Diese Memoiren sind schwindelerregend. Sie enthüllen die sensationelle Karriere eines Doppelgängers, der ursprünglich allein dazu bestimmt zu sein schien, sich lebenslang mit der Herstellung von Gummiprodukten zu beschäftigen. Zwar bleibt er dem Rohstoff treu, aber diese Biografie gewinnt ihren historischen Glanz erst durch die Verschmelzung mit der Politik: Waldemar Naß schildert seinen Aufstieg zum einflussreichen Wehrwirtschaftsführer im nationalsozialistischen Deutschland.
Die verblüffende Ähnlichkeit mit Dr. Robert Ley, dem Führer der Deutschen Arbeitsfront, versetzt Naß in die Lage, auf die Geschicke der Nation einzuwirken. Während Dr. Ley einen seiner zahlreichen »Züge« unternimmt, um anschließend Mäuse zu sehen, die zierliche Zigarren rauchen, kämpft er für die Reinhaltung des deutschen Daches und die arteigene Darstellung der nordischen Brustwarze, gräbt er auf der Krim nach Gotenschädeln und wird zum Augenzeugen des legendären Englandfluges von Rudolf Heß.
Erich Loest (1926, Mittweida/Sa.–2013, Leipzig); 1944/45 Kriegsdienst, 1947–1950 Volontär und Redakteur bei der Leipziger Volkszeitung, ab 1950 freischaffender Schriftsteller (Debüt »Jungen die übrig blieben«), 1957 Ausschluss aus der SED, Verurteilung zu siebeneinhalb Jahren Zuchthaus (Bautzen) aus politischen Gründen, nach Entlassung wieder als Schriftsteller tätig, 1979 Austritt aus dem Schriftstellerverband aus Protest gegen Zensur, 1981 Ausreise in die Bundesrepublik. 1990 Rückkehr nach Leipzig, wo er 1996 Ehrenbürger wurde. 1994–1997 Vorsitzender des Verbandes Deutscher Schriftsteller.
Loest bekam unter anderem den Hans-Fallada-Preis, den Marburger Literaturpreis, zweimal den Jakob-Kaiser-Preis, 2009 den Deutschen Nationalpreis sowie den Kulturgroschen 2010 des Deutschen Kulturrates zuerkannt, einige seiner Bücher wurden verfilmt.